Noch heute streiten sich zwei Länder darum, wer sich denn als Erfinder des Wodkas bezeichnen darf: Russland oder Polen? Jeder für sich behauptet, zumindest das erste wodkaähnliche Getränk erfunden zu haben. Fakt ist, dass die Geschichte des Wodkas äußerst wechselvoll verlief, und dass das Nationalgetränk der Russen sogar den Zweiten Weltkrieg beeinflusste. Warum? Das lesen Sie hier – Die Geschichte des Wodkas.

Ein russischer Wodka – nicht authentisch? Kann es das geben?

Ein Skandal erschütterte in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre den weltweiten Markt für Spirituosen. Noch tief im kalten Krieg steckend, wollte die Sowjetunion trotzdem die Möglichkeiten des Kapitalismus ausschöpfen und plante, mit mehreren Wodka-Marken den amerikanischen Markt zu erobern. Wie nicht anders zu erwarten, stellten sich die Yankees quer. Sie verwehrten dem Erzfeind den Zugang zum einheimischen Markt, da die betreffenden Wodkamarken nicht authentisch seien.

Nur ein Jahr später verschärfte sich die weltweite Debatte um das Nationalgetränk der Russen noch, als Polen plötzlich den Begriff Wodka als Markennamen für sich beanspruchte. Es sei ein polnisches Getränk, das bereits lange vor den wodkaähnlichen Getränken der Russen hergestellt wurde, hieß es aus dem Nachbarland.

Um das Ganze nicht zu weit ausufern zu lassen: Es konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden, wo der Wodka seinen Ursprung hat. Aber der Länderstreit machte auch deutlich, dass das unscheinbare, farblose Getränk eine sehr interessante Geschichte besitzt. Eine Geschichte, mit der auch wir uns nun etwas genauer beschäftigen werden.

Die Anfänge der Wodkaherstellung

Ein unbestreitbarer Fakt ist, dass die Anfänge der Wodkaherstellung bis in Mittelalter zurückreichen. Im 14. Jahrhundert wurde in großen Teilen Russlands und auch in Polen überwiegend Roggen angebaut, woraus sich die Tradition entwickelte, aus diesem in großen Mengen vorhandenen Rohstoff eine Spirituose herzustellen. Das Getränk ähnelte zwar dem heute bekannten Wodka, war jedoch nur etwa halb so stark, da die meisten Destillen zu dieser Zeit nur einen recht geringen Wirkungsgrad hatten.

So weit, so gut. Allerdings behaupten ja sowohl die Polen als auch die Russen für sich, den ersten Wodka hergestellt zu haben. Und jeder untermauert diese Aussage mit seinen ganz eignen Beweisen. In Polen wird der erste amtliche Eintrag über die Herstellung eines Wodkas aus dem Jahr 1405 als Beweis angeführt. Er stammt aus Sandomierz, einer Stadt im damaligen Königreich Polen. Die Russen dagegen wollen um die gleiche Zeit bereits „ihren Vodka“ im Moskauer Kreml hergestellt haben. Der Alkohol dafür kam anfangs aus dem italienischen Genua und wurde über die Halbinsel Krim eingeführt, später stellte man dann aus Roggen einen eigenen Getreidespiritus her, der mit weichem Quellwasser veredelt wurde.

Von der „Erfindung des Teufels“ zum „Brennenden Wasser“

Im auslaufenden Mittelalter wurde der bis dato immer populärere Wodka zunehmend von der orthodoxen Kirche verteufelt, lediglich als Desinfektionsmittel für medizinische Behandlungen fand die wässrige Lösung noch Gnade vor den Gottesfürchtigen (die jedoch selbst dem Wodka nicht eben abgeneigt gewesen sein sollen!). Das gemeine Volk jedoch wollte die Restriktionen nicht einfach hinnehmen und brannte seinen Wodka fröhlich schwarz weiter. Wieder und wieder erließ der Staat Gesetze, die das Brennen erschweren sollen – der Erfolg ließ allerdings zu wünschen übrig. Sogar einen eigenen Namen gaben die Russen ihrem Selbstgebrannten: Samogon.

Ende des 19. Jahrhundert hatte sich der (immer noch illegale) Konsum von selbstgebranntem Wodka in Russland so gesteigert, dass Alexander III. befürchtete: „Das russische Volk säuft sich zu Tode“. Als geeignetes Gegenmittel sah er eine Verstaatlichung sowohl der Herstellung als auch des Verkaufs von Wodka vor. Er beauftrage seinen Finanzminister mit der Umsetzung und trug ihm gleichzeitig auf, die notwendigen Maßnahmen für eine Qualitätsverbesserung einzuleiten. Den geeigneten Partner dafür fand er in dem Chemiker Dimitri Mendelejew, der später als Entwickler des Periodensystems weltberühmt werden sollte. Mendelejew befasste sich intensiv mit dem Volksgetränk und kam zu dem Schluss, dass eine Mischung aus 40 % Spiritus und 60 % Wasser die wohlschmeckendste und für den Menschen verträglichste Variante des Wodkas ergäbe. Des Weiteren führte der Wissenschaftler die noch heute gültige Maßeinheit „Gramm“ für den Wodka ein.

Das seit der Machtübernahme von Nikolai II. geltende Alkoholverbot wurde schließlich von Stalin im Jahr 1923 gekippt, so dass jeder Bürger wieder regulär Wodka kaufen konnte. Die Einnahmen aus den Verkäufen kamen der sozialistische Industrialisierung zugute.

Wodka im Zweiten Weltkrieg: Propaganda as its best!

Um die Soldaten im Zweiten Weltkrieg bei Laune zu halten, wurde ihnen pro Tag 100 Gramm Wodka zugeteilt. Fakt ist jedoch, dass in vielen Schlachten schlichtweg der Nachschub an Proviant fehlte und die amtliche Vorgabe daher nur selten eingehalten werden konnte. Trotzdem berufen sich noch heute etliche russische Wodkahersteller auf diese Tatsache und schreiben „dem Wässerchen“ sogar große Anteile am Sieg über den Faschismus zu.

Der staatlich verordnete Wodkakonsum im Zweiten Weltkrieg sollte auch in der Nachkriegsgeneration für Folgen sorgen. Bis Mitte der 60er-Jahre stieg die Zahl der Menschen mit Alkoholabhängigkeit in Russland auf einen Rekordwert, in jedem Jahr starben Hunderttausende an den Folgen dieser Krankheit. Bis heute hat sich daran nicht wirklich etwas geändert.

Das Ende der staatlichen Wodka-Herrschaft

Im Jahr 1992 entschied der damalige Präsident Russlands, Boris Jelzin, das Staatsmonopol für die Herstellung und den Verkauf von Wodka aufzuheben. Nun kam die große Stunde der bis dato illegalen Wodka-Brennereien. Innerhalb kürzester Zeit wurden die Schwarzbrenner steinreich, viele bauten ihre kleinen Hinterhof-Brennereien zu großen Unternehmen aus.

Als Problem erwies sich jedoch zunehmend die hohe Steuer für die Wodka Herstellung und den Verkauf von Wodka. Sie beträgt inzwischen 80 Prozent vom Verkaufspreis. Viele Brennereien sind daher dazu übergegangen, ihren Wodka weiterhin illegal zu brennen und versehen diesen mit gefälschten Steuermarken.